Die Rotpunkt-Aktion in Herford - eine unvollständige Chronologie (5) |
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5. Die Polizei als Freund und HelferSamstag, 4. April/Sonntag, 5. April. Schon früh strömen die Herforder am Samstag zum Alten Markt, wollen sehen, was heute passiert. Auch die Rotpunktler sind bereits wieder seit den Morgenstunden aktiv, verteilen weiterhin Flugblätter und Punkte und versuchen, den Verkehr zu organisieren. Auch die Polizei ist präsent und beobachtet, was sich hier anbahnt. Und das sieht nicht gut aus. Gerd Ruebenstrunk erinnert sich: "Wir standen da, mit unserem einen Megaphon und versuchten, den Ansturm einigermaßen geordnet über die Bühne zu bringen. Aber es waren einfach zu viele Autos, die hielten. Alles dauerte viel zu lange, weil wir Fahrgäste und Fahrer nicht schnell genug zusammen bringen konnten. Da kam einer der uniformierten Beamten auf uns zu und bot uns an, uns zwei Megaphone der Polizei zur Verfügung zu stellen. Ich ging dann mit ihm mit ins Polizeipräsidium an der Elverdisser Straße und bekam die beiden Megaphone ausgehändigt. Das war schon irgendwie eine absurde Situation: Wir, die wir sonst nur die "Störer" waren, wurden auf einmal von der Polizei unterstützt." Parallel dazu gibt es die ersten wirklichen Busblockaden. Sit-ins von Schülern und Lehrlingen vor den Bussen sorgen dafür, dass der Busverkehr am Alten Markt um 10 Uhr 15 zum Erliegen kommt. Eineinhalb Stunden später stellt das EMR den innerstädtischen Verkehr für diesen Tag ganz ein. Der Erfolg der Aktion im kleinen Herford hat sich inzwischen auch überregional herumgesprochen. Der WDR kommt mit einem Team, um Bürger und Aktivisten zu befragen. Bis auf vereinzelte Ausnahmen werden nur positive Aussagen eingefangen; die Mehrheit der Bürger steht hinter der Aktion. Das merken auch die Parteien, die vorher offenbar geschlafen haben: Die SPD ruft zur Unterstützung der Rotpunkt-Aktion auf; die CDU das EMR immerhin zur Rücknahme der Preiserhöhung. Soviel Solidarität ist einigen der Initiatoren suspekt. Erste Diskussionen beginnen, wie sich die Spreu vom Weizen trennen lässt. Ist es jetzt nicht sinnvoll, nicht nur die Rücknahme der Fahrpreiserhöhungen zu fordern, sondern zugleich die Forderung nach einem Nulltarif für den öffentlichen Nahverkehr aufzustellen? Die Meinungen sind unterschiedlich; manche befürchten, durch solche radikalen Forderungen den Rückhalt in der Bevölkerung zu verlieren. Man einigt sich schließlich darauf, den Nulltarif für Schüler, Lehrlinge, Studenten und Rentner zu fordern sowie einen einheitlichen Fahrpreis von 50 Pfennig. Dabei ist es
die Bevölkerung selber, die offenbar radikaler ist als die Rotpunktler:
Man will einem Busfahrer an den Kragen, der angeblich einen Demonstranten
angefahren haben soll. Die Aktivisten müssen Bus und Fahrer per
Kette vom Alten Markt lotsen, um Schlimmeres zu verhindern. Die Aktion
zeigt aber zugleich, dass die Rotpunktler von den Bürgern respektiert
werden; die Schüler und Lehrlinge, die man sonst nicht für
voll nimmt, können hier nicht nur selbständig entscheiden,
sondern diese Entscheidungen auch durchsetzen. |
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Wenig
Arbeit für die Polizei |
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Einsatzbesprechung
am Alten Markt |
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