Von der "Haschhöhle" zum Jugendzentrum - Eine unvollständige Chronik des Fla-Fla |
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1.
Die Gründung des ersten Fla-Fla
"Ihr habt hier in Herford ein Haus gemietet und wollt hier einen Klub machen. Wie soll dieser Klub aussehen?" "Gemütlich. Ja, eben gemütlich -- Vor allen Dingen soll der Klub so gemacht werden, dass sich alle Leute darin wohl fühlen können -- Man kann ja nirgendwo hingehen wo man wirklich Leute trifft, die einen verstehen. Aus diesem Grunde wollen wir einfach, dass hier die Leute reinkommen, die gleichgesinnt sind, nicht so spießig wie in der Diskothek, da fühlen wir uns nicht wohl drin -- Vor allen Dingen, was nicht so ins Portemonnaie geht: wo wir das tun können, was uns Spaß macht -- Na ja, wo die Leute sich mal unheimlich gemütlich hin fleezen können, so mit den Beinen auf dem Tisch und so -- Vor allen Dingen wollen wir es hier billig machen -- In anderen Diskotheken ist Gedeckzwang, da bezahlst du deine zwei Mark fuffzig für ne Cola und noch mehr. Wir wollen die nur fünfzig Pfennig kosten lassen -- Schmalzstulle zwanzig Pfennig -- Aber wir wollen hier ja keine Diskothek aufmachen -- Nein, Nein -- Es soll hier was sein, wo die Leute sich wohl fühlen und auch gar nicht weggehen brauchen -- Wo wir vielleicht auch irgendwelche Projektgruppen bilden - Hier können sie bleiben solange sie wollen -- Das ist vielleicht der Sinn der Sache mit den Projektgruppen -- Ja, wir machen das mit den Getränken ja nur, um das Geld reinzubringen -- Genau. Und dass sich hier eben irgendwelche Projektgruppen bilden für Psychologie und Philosophie und meinetwegen Leute, die sich mit Kunst auseinandersetzen und Leute, die sich mit Literatur beschäftigen oder sonst was." Oder sonst was - dieses Durcheinander von Stimmen und Stimmungen wurde 1970 in Herford aufgenommen, in einem Raum, den Jugendliche kurz vorher angemietet hatten, um hier ein autonomes, ein selbstständiges Jugendzentrum aufzubauen; also einen von Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und Stadträten unabhängigen Freizeittreff, einen von Jugendlichen selbst verwalteten Jugend-Klub. Etwa zwanzig bis dreißig junge Leute trafen sich täglich im Fla-Fla. Die Herkunft des Namens liegt im Dunkel; manche behaupten, er sei Uli Tragl in Amsterdam eingefallen, weil er so gerne holländischen Pudding ("Vla") gegessen habe. Andere bestehen darauf, der Club sei benannt worden nach einer damals bekannten Tabakmarke. Die Jugendlichen besserten die ziemlich zerfallenen Wände aus, strichen sie und richteten sich mit zusammengesuchten alten Sofas und Sesseln ein. Nach etwa einem Monat war das Fla-Fla in der Mittelstraße zum Treffpunkt vieler Jugendlicher nicht nur aus Herford geworden. Und damit begannen auch die Schwierigkeiten: Geselligkeit wurde zunächst einmal als wichtiges Moment sich überhaupt kennen zu lernen angesehen. Norbert Hartmann, einer der Initiatoren, erinnert sich: "Die Wurzeln des Fla-Fla liegen in der Cliquenbildung 1968/1969. Im Sommer traf man sich auf dem Neuen Markt, Alten Markt und im Stuckenberg. Wir waren damals die ersten langhaarigen Jugendlichen, die anfingen, ihre Freizeit ein wenig zu überdenken. Ulrich Tragl mietete 1969 im Alleingang eine alte Werkstatt in der Mittelstraße. Die Räumlichkeiten waren völlig heruntergekommen. Wir wussten, dass die Renovierungen monatelang dauern würden. Letztendlich sind wir damit nach einem Jahr fertig geworden. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Kontakte zu Behörden, es gab auch keinen Verein. Das heißt, dass wir eigentlich nur Räumlichkeiten eröffnet haben. Seit dem ersten Abend war es immer bombenvoll. Nach ein bis zwei Monaten hatten wir Ärger mit der Polizei und anderen Behörden. Wir waren ein Jahr in den Räumen, dann mussten wir 1970 schließen." Bereits nach kurzer Zeit tauchten die ersten Vorwürfe gegen die Jugendgruppe auf - da kamen dann die Vorurteile und die Vorwürfe "Haschhöhle", "Bumsecke", "Verschwörertreff"... und nach drei Monaten mehr oder weniger unbeschwerter Zusammenkunft löste der Vermieter den Mietvertrag. Die Jugendlichen in Herford standen wieder auf der Straße, von der sie selber runter wollten. Eine kleinere
Gruppe von Aktiven gab damals nicht auf, sondern trat an die Stadt heran
- die rechtlich dazu verpflichtet ist, Treffpunkte für Jugendliche
zu schaffen und zu unterstützen.
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